"Wenn ich esse, kann ich nicht reden. Befragen Sie mich also, bevor der Risotto kommt oder zwischen den Gängen.“
Es sind die sizilianischen Alltagsrezepte, die Commissario Montalbano faszinieren. Er erinnert sich gerne an seine Jugendzeit zurück und an das Essen, welches seine Mamma kochte.
Montalbano und das Essen. Oder vielleicht auch frei nach Shakespeare „Essen oder nicht essen“.
Sollte er seinen angeblichen Hunger ertragen oder sich bei Calogero den Bauch voll schlagen?
Im Roman „Der Hund aus Terracotta“ lese ich auf Seite 47:
„Er liebte es, allein zu essen, jeden Bissen schweigend zu geniessen; zu den vielen Dingen, die ihn mit Livia verbanden, gehörte auch, dass sie akzeptierte, wenn er beim Essen kein Wort sagte.“
Oder aus Camilleris Erzählung „Das Spiel des Patriarchen“.
„Dann treffen wir uns in einer halben Stunde in der Trattoria San Calogero“.
Die acht Männer und vier Frauen, die zu dieser Zeit in der Trattoria sassen, hielten, die einen eher, die anderen später, mit der Gabel auf halber Höhe inne und sahen die junge Frau an, die eben hereingekommen war. Eine wirkliche Schönheit, hoch gewachsen, blond, schlank, langes Haar, blaue Augen…
„Sie sind Commissario Montalbano, nicht wahr?“
Beatrice Dileo trug keine Spur von Schminke, sie war von Natur aus so. Vielleicht sahen die anwesenden Frauen sie deshalb ohne Neid an.
„Was nehmen Sie“, fragte Calogero, als er zu ihnen kam. „Ich habe heute einen "Risotto al nìvuro di sìccia", der wirklich speziell ist.“ „Gut. Und Sie Beatrice?“ „Ich auch“.
Montalbano stellte befriedigt fest, das sie keinen typisch weiblichen Satz hinzugefügt hatte. Bringen Sie mir um Himmels willen nur wenig. Zwei Löffel. Einen Löffel. Dreizehn abgezählte Reiskörner. Gott, wie grässlich!
„Als zweiten Gang hätte ich Seebarsch, heute Nacht gefangen, oder…“
„Seebarsch“.
„Gut, kein oder. Und Sie, Beatrice?
„Für Sie Commissario, wie immer Mineralwasser und Corvo bianco.
Und für Sie, Signorina?“ „Ebenfalls.“
Waren sie etwa verheiratet?
„Hören Sie Commissario“, sagte Beatrice lächelnd, „ich muss Ihnen etwas gestehen. Wenn ich esse, kann ich nicht reden. Befragen Sie mich also, bevor der Risotto kommt oder zwischen den Gängen.“
Grosser Gott! Es stimmte also wirklich, irgendwann im Leben widerfährt einem das Wunder, dass man seiner Zwillingsseele begegnet! Schade, dass sie etwa fünfundzwanzig Jahre jünger war als er.
Beatrice erzählte, bis der Risotto kam. Dann waren Nase, Gaumen und Hals vom wundervollen Duft des Risotto erfüllt, und sie schwiegen, wie ausgemacht. Nachdem sie fertig gegessen hatten, sprach Beatrice weiter.
Die Seebarsche kamen, und es herrschte wieder Schweigen.
„Möchten Sie Obst? Einen Espresso?“, fragte Montalbano, als von den Seebarschen leider nur noch Kopf und Gräten übrig waren.
„Nein“, sagte Beatrice, „ich mag es, wenn ich noch den Geschmack vom Meer im Mund habe.“
„Das Spiel des Patriarchen“, Seite 90 – 95
Quelle:
Andrea Camilleris sizilianische Küche.
Die kulinarischen Leidenschaften des Commissario Montalbano.
Autoren: Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer (Lübbe).
Die kulinarischen Leidenschaften des Commissario Montalbano.
Autoren: Martina Meuth und Bernd Neuner-Duttenhofer (Lübbe).